Willkommen im zweiten Teil unseres großen Interviews über Auslandsaufenthalte, mit Hannah (Auslandsjahr) und Malin (Schüleraustausch) in Costa Rica! Hier geht es jetzt um das Leben in einer Familie bei den Ticos und Ticas – so nennen sich die Costa-Ricaner selber.
Springt zurück zum ersten Teil des Interviews, wenn ihr zunächst wissen wollt, wie das so abläuft mit Schule und Freunden und was ihr noch wissen müsst über den Alltag in einem Land in Mittelamerika!
Los geht’s:
Wohnen in einer costa-ricanischen Familie
Das Wichtigste zuerst: Was bringe ich bloss mit?
Tipps für Gastgeschenke
- Mensch ärgere dich nicht, Memory und andere Brettspiele
- Dinge, die typisch für die Stadt oder Region sind, aus der du kommst, z.B. Printen aus Aachen oder Mini-4711-Fläschchen aus Köln und so weiter
- Bildbände von Deutschland oder auch nur von der Region, in der du wohnst. Das finden die Familien wirklich sehr interessant und es ist auch eine gute Sache für erste Gespräche
- Süßigkeiten! Auf jeden Fall alles von Haribo, denn die costa-ricanische Version ist ganz und gar nicht lecker
- alle anderen Süßigkeiten kommen auch richtig gut an. Viele der Marken gibt es zwar dort auch, die sind aber unbezahlbar für die Durchschnittsfamilien. Wir dachten erst, das wäre so ein Verlegenheits-Gastgeschenk, wenn einem gar nichts anderes einfällt, aber die Süßigkeiten waren immer ein wirkliches Highlight
- schöne Notizbücher (leere Seiten), weil auch die hässlichsten Hefte da voll teuer sind, und Stifte
Hatte die Familie vorher schon deutsche Gastschüler, erübrigen sich manche der oben genannte Tipps, da die dann standardmäßig leider schon vorhanden und bekannt sind.
Wie ist das Leben in einer costa-ricanischen Familie?
Hannah: Bei mir war das extrem so, dass die Eltern über die Kinder bestimmt haben, egal wie alt die waren.
Einmal hat z.B. meine Gastmutter gesagt, manche Sachen könnte ich halt in meinem Alter noch nicht sehen, weil Erwachsene würden das „da oben“ schon alles sehen, Kinder würden nur bis „hier unten“ sehen können. Die Eltern machen das zwar aus Liebe, aber es ist extrem anstrengend.
Unregelmäßiges Essen fanden meine Gastfamilien auch nicht gut – ich frühstücke zum Beispiel eigentlich so gut wie nie, und das fanden sie komisch. Meine Gastmutter hat mich dann alle halbe Stunde gefragt, ob ich nicht doch etwas essen möchte. Ich dachte, das wäre nur aus Höflichkeit, aber irgendwann habe ich verstanden, dass sie das wirklich erwartet, dass ich jetzt etwas esse, weil das aus ihrer Sicht eben dran ist.
Generell sind auch Familien, die das erste Mal Gastschüler aufnehmen, oft etwas vorsichtiger, unsicherer und beschützender – wenn Familien das schon teilweise mehrere Jahre machen, dann haben die eher eine genauere Vorstellung davon, was sie selber tolerieren und was nicht.
Bei meiner zweiten Familie z.B. konnte ich eigentlich gehen, wohin ich wollte. Erst habe ich mich immer abgemeldet und Bescheid gesagt, wo ich bin, aber das hat eigentlich keinen so richtig interessiert. Sie haben aber erzählt, dass das bei ihrer ersten Gastschülerin (ich war ihre sechste) noch ganz anders war. Sie hatten mittlerweile einfach Vertrauen.
Außerdem hat meine Gastmutter sich wie viele Costa-Ricaner fest auf Gott verlassen: Wenn sie sagte, „Dios te acompaña!“ (Gott begleitet dich), dann kann mir ja auch nichts passieren. So ist das.
Malin: Bei mir war das anders, aber ich weiß, dass das bei vielen meiner Freunde auch genau so war, wie du beschreibst.
Meinen Gasteltern war nur sehr wichtig, dass mein Gastbruder gute Noten hatte, damit er später mal gute Jobs bekommt. Er will im Ausland studieren, da die öffentlichen Unis in Costa Rica nicht so gut und die privaten ziemlich teuer sind, also wollte er das auch selber. Ansonsten haben seine Eltern nicht so viel über ihn bestimmt.
Bei fast allen von meinen Freundinnen war es so, dass die costa-ricanischen Jugendlichen zu ihren Eltern, meistens ihren Müttern, ein sehr enges Verhältnis hatten. Meine Gastmutter hat auch so richtig auf mich aufgepasst. Sie haben mich quasi keinen Zentimeter alleine gehen lassen und auch genau darauf geachtet, mit wem ich unterwegs war. Aber das war ziemlich süß!
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Wie wohnen die Familien in San José und Umgebung?
Malin: Viele meiner Freunde haben in Häusern gewohnt, das waren schon mehr Paläste. In meiner Familie und bei denen in meiner Gegend hatten wir dagegen noch nicht einmal eine Spülmaschine. Das war viel einfacher, eben normale Bungalows.
Ich habe mich aber gerade da sehr wohl gefühlt. Bei Besuchen bei meinen anderen Freunden habe ich oft das Gefühl gehabt, ich verlaufe mich in deren Häusern geradezu., und es war auch unpersönlicher.
Hannah: Ich habe wie Malin in einem einfachen Haus gewohnt (bei beiden Gastfamilien). Nur eine Etage, die Zimmer sehr klein. Meine drei Gastschwestern, alle um die 20 Jahre alt, haben gemeinsam in einem Zimmer geschlafen und das war wirklich nicht groß.
Malin: Viele Fenster kann man gar nicht richtig schließen, das waren eher so überlappende Glasplatten, die man auf- und zudrehen kann. Ich habe im Zimmer meiner Gastschwester geschlafen, die für die Zeit meines Aufenthalts nebenan bei den Großeltern gewohnt hat, und dort fehlte eine der Fensterscheiben einfach komplett, weil mein Gastbruder aus Versehen irgendwann mal einen Ball dagegen geschossen hatte.
Hannah: In meinem zweiten Zimmer hatte ich sogar gar kein Fenster, nur ein Dachlicht.
Beide: Kakerlaken und andere Insekten sind durch die ganzen Ritzen überall tatsächlich.. sagen wir mal… seeehr vorhanden! (lachen)
Malin: Die Haushälterin hat bei uns aber sehr darauf geachtet, dass sich da nichts unerwünschtes länger als nötig aufhält.
Hannah: Oh, voll gut! Ich habe nicht so gerne aufgeräumt, und wenn ich mal aufgeräumt habe, dann habe ich immer ein paar tote oder auch lebendige Kakerlaken dabei gefunden und mich dann mit Insektenspray, einem Schuh und Kehrblech bewaffnet.
Malin: Meine Gastmutter hat immer gesagt, es ist eigentlich okay, solange man nichts, absolut nichts zu Essen in seinem Zimmer aufbewahrt.
Hannah: Genau, deswegen gibt es auch ganz viele Familien, wo man in den Zimmern nicht essen darf.
Außerdem gibt es Gitter überall an allen Häusern: an Türen und Fenstern und oft auch noch Stacheldraht oben, weil die Häuser nicht einbruchssicher sind.
Malin: Manche Familien haben auch Alarmanlagen, aber die Gitter gibt es trotzdem überall, auch an den Schulen.
Hannah: Viele Familien haben auch kaum Küchengeräte. In den meisten Haushalten gibt es aber Standmixer für Smoothies und um sonst auch alles andere zu pürieren. Die meisten Familien nutzen ihren Ofen, wenn sie überhaupt einen haben, gar nicht, sondern lagern nur Sachen darin. Eine Mikrowelle ist viel wichtiger.
Malin: Meine Gastfamilie hatte einen Mixer, einen Reiskocher (den haben wirklich alle), eine Kaffeemaschine und eine Mikrowelle und das war’s. Kuchen kaufen die im Supermarkt. Aber der Kühlschrank konnte Eiswürfel machen, das fand ich cool!
Erwartungen und Missverständnisse in einer fremden Familie
Malin: Es waren so kleine Sachen, die anders als bei mir zuhause waren, das ist ja klar. Ich hatte auch viel Zeit für mich, was ich gut fand.
Aber das Eingewöhnen geht besser, wenn man sich auf die Familie einlässt! Eine Freundin von mir hat nur wenig mit ihrer Familie gemacht, und das ist eigentlich schade. Ich glaube, man hat dann einfach nicht so viel Spaß.
Ich bin zum Beispiel am Wochenende auch mal früh aufgestanden und mit meiner Familie zu einem Markt (‚feria‘) gefahren, und dann haben sie mir noch Sachen gezeigt und mich dadurch einfach so in ihren Alltag eingebunden.
Hannah: Ich stimme Malin komplett zu. Das ist eine einmalige Erfahrung, man sollte sie bestmöglich nutzen.
Eine gute Austauschorganisation schaut sich außerdem die Jugendlichen ebenso wie die Gastfamilien genau an und verteilt sie entsprechend. Man muss sich aber bewusst sein, dass es manchmal dann trotz allem Bemühen doch nicht passt. Das ist dann aber letztlich auch kein Beinbruch. Wichtig ist nur, dass dann ein Ansprechpartner vor Ort da ist, der sich kümmert.
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Typisch costa-ricanisch:
Pläne machen vs. Realität
Hannah: Die Norm ist, dass man sich nicht gut verabreden kann, weil die Costa-Ricaner einfach nicht gut sind im Pläne machen.
Malin: Das ist vor allem dieses „ahorita„, was eigentlich eine Zeitangabe ist, die sowas wie „sofort“ oder „jetzt bald“ bedeutet, aber es kann heißen, wie treffen uns jetzt sofort, oder jetzt in 12 Stunden, oder jetzt im Januar übernächsten Jahres.
Hannah: Das war auch ganz oft so, wenn ich meine Gastfamilie gefragt habe, wann gehen wir los? Und sie sagten „ahorita“, dann habe ich mich direkt fertig gemacht, aber wir waren dann halt doch noch fünf Stunden zuhause.
Malin: Ja, genau!
Hannah: Costa Ricaner halten auch nur selten ihre Versprechen, was Verabredungen oder Pläne angeht, aber das ist nie aus Bosheit, die haben einfach viel zu tun und dann geht das unter. Das hat auch nichts damit zu tun, dass sie das nicht machen wollen, das darf man nicht persönlich nehmen.
Deswegen, als Austauschschüler würde ich empfehlen, wenn einem etwas wichtig ist, einfach ein paar Mal nachzuhaken.
Das Thema Hygiene
Beide: Oooh ja! (lachen)
Malin: Alle sind viel, viel mehr auf Hygiene erpicht als in Deutschland. Ich finde, das fängt schon damit an, dass alle zum Beispiel zum Naseputzen extra auf Toilette gehen! Und sie putzen sich ganz oft die Zähne.
Unser Schuldirektor kam selber aus Deutschland, hat aber schon lange in Costa Rica gewohnt. Als erstes hat er uns eine Liste mit Regeln gegeben, die wir befolgen sollten, da stand zum Beispiel drauf, dass wir, damit die Costa Ricaner sich nicht belästigt fühlen, mindestens einmal am Tag duschen sollen. Das macht man so.
Hannah: Eigentlich jede Familie badet schon die frisch geborenen Babys jeden Tag. Und das geht das ganze Leben so weiter. Zum Beispiel gab es einen Elternbrief an einen Jungen im Kindergarten, der noch vom vorigen Tag einen Strich im Gesicht hatte und daher offensichtlich nicht gebadet hatte. Er musste sofort abgeholt werden.
Meine Gastmutter kann sich nicht an den letzten Tag erinnern, an dem sie nicht geduscht hat. Es ist auch in jeder Familie natürlich schon auch ein wenig unterschiedlich, aber generell ist das sehr wichtig und selbstverständlich.
Malin: Mein Gastbruder hat mir direkt erklärt, dass ich um so und so viel Uhr aufstehen muss, dann könnte ich direkt ins Bad und duschen. Das war also gesetzt und für ihn klar, dass ich das machen möchte.
Hannah: Und es ist sehr üblich, morgens zu duschen. Wenn Costa-Ricaner abends duschen, duschen sie morgens noch einmal. Als ich in meiner zweiten Gastfamilie ankam, habe ich nach Familienregeln gefragt, und meine Gastmutter meinte nur, eigentlich keine – bloss jeden Tag duschen.
Man verinnerlicht das auch superschnell. Meine größte Sorge vor dem Rückflug nach Deutschland war dann auch: „Oh mein Gott, 12 Stunden ohne Zähneputzen?! Wie eeeeeklig!“
Malin: Ja stimmt, ich hatte auch direkt eine Zahnbürste im Handgepäck. Zur Sicherheit!
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Das Essen
Was gibt’s zum Frühstück in Costa Rica?
Hannah: Am Wochenende, wenn mehr Zeit ist, gibt es in den meisten Familien ‚Gallo Pinto‚ (Reis und Bohnen gemischt, dazu Rührei und Kochbananen).
Unter der Woche, wenn es schnell gehen muss, frühstücken nur die wenigsten Familien richtig zusammen, weil man sehr früh aufstehen muss. Viele essen dann Müsli oder Cereals, oder Tortillas mit Käse. Manche essen auch Brot, aber das Brot in Costa Rica ist nicht so toll. Brötchen gibt es gar nicht. Ich habe mir oft einfach etwas Obst mit auf den Weg genommen.
Malin: Bei mir war das so, dass wir nie mit meinem Gastvater gefrühstückt haben, weil der immer schon um 5 Uhr morgens oder so das Haus verlassen hat, dafür hat er aber tolles Frühstück vorbereitet für uns: Gallo Pinto, French Toast oder Pancakes.
Meine Gastmutter wollte mich anfangs etwas überfüttern und hat mir tausend verschiedene Sachen mit in die Schule geben, aber das hat sich dann mit der Zeit auf etwas Obst eingependelt, was mir gereicht hat.
Und was wird gekocht in Costa Rica?
Hannah: Die meisten Familien in Costa Rica sind den ganzen Tag unterwegs, die Kinder essen in der Regel in der Schule zu Mittag. Die gemeinsame Familienmahlzeit findet deshalb abends statt.
Wenn große Feste sind oder generell, wenn viele Leute zusammenkommen, dann gibt es oft ‚Arroz con Pollo‚, das ist Reis mit Hühnchen. Dazu gibt es meistens noch verschiedene Sorten Nudelsalat und natürlich auch wieder Bohnen, wie immer in Costa Rica.
Malin: So war das bei uns auch!
Hannah: Zu Trinken gibt es generell ständig und überall zu jeder Tageszeit Softdrinks. Wasser wird mit Sirup oder Geschmackspulver angerührt. Wenn man aber lieber normales Wasser ohne alles trinken möchte, ist das auch kein Problem, denn das Leitungswasser in Costa Rica kann man bedenkenlos trinken.
Aufgrund des idealen Klimas gibt es überall sehr viele, sehr leckere, sehr günstige Früchte. In den Familien wird dann aber überraschend wenig Obst gegessen, weil die meistens keine Zeit haben, auf die ‚Ferias‘, eine Art Wochenmarkt für frische, lokale Waren, zu gehen und dort einzukaufen.
Malin: Meine Gasteltern sind einmal die Woche auf diese Ferias gegangen, ich esse sehr gerne Obst und nicht so viel Fleisch, und in Costa Rica wird sonst wirklich ständig morgens, mittags, abends, immer und überall Fleisch gegessen.
Hannah: Das ist aber die Ausnahme, dass es viel Obst gibt. In meiner ersten Gastfamilie gab es auch so viel Obst und Vegetarisches, aber von allen anderen Familien, wo ich zu Besuch war oder was Freunde mir erzählt haben oder meine zweite Gastfamilie, weiß ich, dass das nicht die Norm ist. Komisch eigentlich, wo die gerade da doch so viel Auswahl haben.
Malin: Meine deutsche Freundin war Vegetarierin und ihre Gastmutter hat ganz oft versucht, für sie viel Gemüse zu machen. Also die haben sich viel Mühe gegeben, auch wenn es nicht ihrem normalen Ernährungsgewohnheiten entspricht.
Hannah: Bei meiner Austauschorganisation sind regelmäßig jedes Jahr um die 30% oder mehr der Gruppe Vegetarier, und das klappt immer. In Costa Rica bestehen ja so viele Gerichte aus einzelnen Komponenten, so dass man prima das Fleisch einfach weglassen kann.
In unseren Vorbereitungstreffen wurden wir gewarnt, dass man aufgrund der veränderten Ernährung und des anderen Klimas leicht ein paar Kilo zunehmen kann, aber den Hinweis fand ich überflüssig, denn man stellt sich eigentlich schnell um. Im Vorfeld wurde das in unserer Gruppe aber dadurch sehr thematisiert, und einige der anderen Austauschschüler haben dann eine leichte Essstörung entwickelt, weil sie sich zu viele Sorgen gemacht haben. Man sollte sich nicht zu viele Gedanken im Vorhinein machen.
Malin: Uns ist aufgefallen, dass wir nicht so viel an Snacks zwischendurch gegessen haben wie sonst zuhause. Schokolade ist halt sehr teuer und Süßigkeiten nicht so lecker, da haben wir eben mehr Obst gegessen, war kein Thema bei uns.
Religion
Hannah: Gut, meine erste Gastfamilie war ganz und gar nicht religiös und sehr feministisch und selbständig, und das war die absolute Ausnahme. Die Eltern meiner Gastmutter sind aber schon religiös und gehen auch in die Kirche, aber auch sie hatten trotzdem eine grundsätzlich kritische und aufgeklärte Haltung.
Meine zweite Gastfamilie war definitiv religiös, sind aber aus Zeitgründen auch nicht in die Kirche gegangen, bis auf eine meiner Gastschwestern. Ihnen war sehr wichtig, dass sie nicht an die Werte der Bibel glauben, also zum Beispiel setzen sie sich gegen Homophobie ein und für Gleichberechtigung, aber sie glauben fest an ‚dios‚ (also Gott) als eine höhere Macht, die die Geschicke des Lebens lenkt, und dass alles passiert, weil ‚dios‘ das so will.
Andere Freunde von mir waren in Familien, die jede Woche in die Kirche gegangen sind. Eine Familie sogar jeden Tag! Da musste der Gastschüler aber nicht jedes Mal mitgehen, nur am Wochenende. Bei manchen Familien dauerte der Kirchenbesuch am Wochenende dann bis zu fünf Stunden! Das fanden die Schüler meistens ziemlich langweilig.
Manche meiner Freunde sind auf Wunsch ihrer Gasteltern auch kirchlich organisierten Jugendgruppen beigetreten, die sich einmal die Woche treffen, und haben dort dann aber auch Freunde gefunden.
Malin: Mir ist in dem Zusammenhang aufgefallen, dass auf meiner Schule in meiner Stufe und auch Freunde von denen ziemlich viele tatsächlich sehr homophob und auch rassistisch eingestellt waren. Es klang nicht so, als ob die wirklich überzeugt wären, sondern als hätten sie das einfach nachgeplappert vom Papa oder so.
Wenn man mit denen, meistens Jungs, dann mal diskutiert, und das haben meine Freundinnen und ich oft gemacht, gehen ihnen schnell die Argumente aus und sie stoßen an einen Punkt, wo sie nicht mehr ganz weiterwissen und man merkt, dass eigentlich keine richtige Ahnung dahintersteht.
Hannah: Das ist mir auch bei vielen anderen Familien aufgefallen. Eine der anderen Austauschschüler kommt aus einer Regenbogenfamilie, und der Gastvater war aber homophob und ihre Gastmutter meinte, sie sollte sagen, dass die zweite Frau in der Familie ihre Putzfrau oder Tante ist. Sie hat übrigens auch die Familie gewechselt.
Es gibt schon viele aufgeklärtere Familien in Costa Rica, aber manche sind doch noch sehr traditionell im Denken, was solche Themen angeht.
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Rückkehr nach Hause
Wie war eure Rückkehr?
Malin: Also am Anfang war es ziemlich anstrengend, ich glaube ich habe 12 Stunden nur geheult, als ich heimgeflogen bin.
Zuhause habe ich mich dann eine Weile irgendwie… anders gefühlt, als es normalerweise ist. Also ich wusste zwar, klar, ich bin zuhause, aber ich hatte so die ersten zwei Wochen das Gefühl, dass irgendetwas anders ist, dass irgendetwas fehlt. Ich habe mich noch nicht wieder ganz zuhause gefühlt, weil ich mich so gut in Costa Rica eingewöhnt hatte. Aber dann ging das!
Hannah: Ich weiß, woher das kommt: Plötzlich hat man halt zwei Heimaten. Eigentlich ist das cool, aber immer wenn ich in Deutschland bin, denke ich an Costa Rica, und in Costa Rica eben an Deutschland. Es ist halt nicht möglich, sich vollkommen zu fühlen, weil man eben nicht beides haben kann.
Malin: Es ist aber auch sehr schön, meine Gastmutter hat zu mir gesagt „Du hast jetzt ein zweites Zuhause in Costa Rica!“, und das ist sehr schön, wenn man weiß, dass man nun an zwei Orte passt.
Hannah: Genau, und dass man auch an beiden willkommen ist.
Was habt ihr eigentlich am meisten vermisst in Costa Rica?
Hannah: Weihnachten und die Kälte.
Malin: Brot! Brot habe ich richtig vermisst. Und Laugengebäck.
Und was vermisst ihr jetzt, zurück in Deutschland, am meisten aus Costa Rica?
Hannah: Das Essen! Mein Reis… meine Bohnen!
Malin: Das Obst ist einfach so cool!
Hannah: Meine Gastmutter kocht einfach so gut!
Malin: Meinen Austauschschüler vermisse ich auch sehr!
Hannah: Und die entspannte Art der Menschen.
Malin: Das stimmt, die sind einfach alle so nett da! Man merkt richtig den Unterschied nach dem Flug, man steigt aus dem Flugzeug aus und dann alle so: lange Gesichter – ah, zurück in Deutschland.
Hannah: Auf Spanisch zu fluchen vermisse ich! Schimpfwörter im Spanischen werden viel weniger ernst genommen.
Malin: Die Ticos sind emotionaler.
Hannah: Und temperamentvoller! (lachen beide)
Würdet ihr anderen eine Reise nach Costa Rica empfehlen?
Hannah: Unbedingt!
Malin: Ja, auf jeden Fall – ich meine, ich war schon einmal zurück und habe den nächsten Flug für Herbst auch schon wieder gebucht.
Wir hoffen, das euch unser Interview weitergeholfen hat und dass ihr euch jetzt ein gutes Bild machen könnt! Wenn ihr noch Fragen habt, einfach in die Kommentare schreiben, dann beantworten wir alles gerne!
Viele Grüße und ¡pura vida!,
Malin und Hannah
Ich bedanke mich recht herzlich bei Malin und Hannah für die vielen Samstagmittage, die wir gebraucht haben, um alle diese Fragen zu beantworten, um über viele Anekdoten zu lachen, und um alles Erzählte niederzuschreiben.
Danke für eure Geduld und euer Engagement, es hat mir sehr viel Spass gemacht mit euch!
Springt mit einem Klick zurück zum ersten Teil unseres Auslandsaufenthalts-Interviews mit Hannah und Malin, um zu erfahren, wie das in Costa Rica alles so abläuft mit Schule und Freunden und was ihr sonst noch wissen müsst über den Alltag in einem Land in Mittelamerika
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